Einem Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin ist es gelungen, einen biochemischen Test zu entwickeln, der für die frühzeitige Diagnose der seltenen Erbkrankheit ASMD geeignet sein soll. Prof. Christoph Arenz ist seit 2012 als Professor für Organische und Bioorganische Chemie an der HU tätig und ein international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Sphingolipide, wie auch speziell für die saure Sphingomyelinase.
ASMD (Saure Sphingomyelinase-Defizienz) – auch als Niemann-Pick-Krankheit A/B bezeichnet, ist eine seltene, erblich bedingte, lebensbedrohliche Erkrankung, die durch eine Defizienz des Enzyms ASM charakterisiert ist. Die Erkrankung mündet in multiplem Organversagen. Patienten mit der milden Form der Krankheit können das Erwachsenenalter erreichen. Schwierig ist, dass die Erkrankung sehr schwer zu erkennen ist, u.a. weil die Symptome von etwa 50 anderen seltenen Erbkrankheiten jeweils sehr ähnlich sind. Eine Diagnose erfolgt daher mitunter erst spät. Die Behandlung dieser verschiedenen Erbkrankheiten – sofern eine Behandlungsmethode verfügbar ist – ist jeweils unterschiedlich. So gibt es immer wieder Berichte, dass Patienten jahrelang mit falschen Medikamenten behandelt werden, da die ursprüngliche Diagnose falsch gestellt wurde.
Abb.: Prinzip der chemischen Sonde zur Detektion der ASM-Defizienz (ASMD). Oben: Chemische Struktur der Fluoreszenzsonde: Unten: Anwendung der Sonde in Zellen ohne ASM Aktivität (blau) und mit ASM Aktivität (rot). Gezeigt ist die Fluoreszenz in jeweils 10.000 kultivierten Zellen. Ein ähnliches Experiment könnte mit (Blut-)Zellen von Patienten durchgeführt werden.
Das von Prof. Arenz und seinen Mitarbeiter:innen Christian Kappe und Dr. Maria Russi entwickelte Sondenmolekül-Verfahren, durch das die Aktivität des Enzyms „saure Sphingomyelinase“ (engl. kurz ASM) ohne Expertenwissen oder großen apparativen Aufwand und sogar innerhalb lebender Zellen nachgewiesen werden kann, kann als bahnbrechend gewertet werden. Mit dem Sondenmolekül kann die ASM-Aktivität in Flüssigkeiten oder kultivierten Zelllinien auf schnelle und einfache Weise bestimmt werden. Es ist nun geplant, das mittlerweile routinemäßig durchgeführte biochemische Verfahren an Blut- und Urin-Proben von Patienten zu testen und so eine Anwendung in der klinischen Diagnostik zu validieren. Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass die Erbkrankheit durch das neue Verfahren einfacher und früher erkannt werden kann, wie bspw. im Rahmen des Neugeborenenscreenings, so dass Patient:innen frühzeitig eine adäquate Behandlung bekommen können. Das Timing für dieses Vorhaben ist ausgesprochen gut, da die erste Behandlungsmethode für ASMD erst im vergangenen Jahr die klinische Zulassung in zahlreichen Ländern erhalten hat.
Um innovative Ergebnisse aus der Forschung in die wirtschaftliche Verwertung zu übertragen, braucht es eine fundierte Validierung und die Überprüfung der Frage, wie viel Potenzial ein Forschungsprojekt birgt, um in die Wirtschaft zu transferiert werden. Dieser Prozess wird oft unterschätzt und benötigt Kapital, das in der Forschung oft fehlt. Viele Forscher:innen scheitern daran, dieses „Valley of Death“, das die Lücke zwischen innovativen Forschungsideen bzw. Technologien und deren finanzierter Fortentwicklung darstellt, erfolgreich zu überbrücken. Genau an dieser Stelle setzt „ProValid“ an und zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen. Das Konzept zur Validierungsförderung wurde von den Transfereinheiten der Berliner Universitäten entwickelt, von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe in einem Pilotprojekt über die Humboldt-Innovation GmbH getestet und evaluiert und dann ausgerollt.
Das „ProValid“-Programm sieht in Bezug auf das nun geförderte Projekt vor, das Sondenmolekül zu skalieren und die Bedingungen für die Anwendungen zu evaluieren, d.h. zu entscheiden, welches biologische Material benötigt wird und ob in Kliniken vorhandene Geräte für das Verfahren genutzt werden können. Auch den Möglichkeiten der Patentierbarkeit wird nachgegangen. In der Validierungsphase kooperiert das Team mit klinischen Partnern. Bei positiver Validierung erfolgen eine größer angelegte klinische Studie, die Bekanntmachung des ASM-Tests und die Entscheidung darüber, auf welche Weise die Forschungsergebnisse wirtschaftlich verwertet werden sollen.