Die Oberflächen von Materialien genau zu kennen bedeutet, deren Beschaffenheit, Verhalten und Eignung für Anwendungsfälle einschätzen und verbessern zu können.
Die Raman-Spektroskopie ist eine sehr häufig genutzte Methode, um Materialen zerstörungsfrei zu untersuchen. Dabei werden mittels Laser atomare Schwingungen im Material angeregt und als sogenanntes Ramansignal optisch detektiert. Diese spezifischen Schwingungen geben Aufschluss über Materialeigenschaften wie Reinheit, Zusammensetzung oder mechanische Verspannungen. Der Nachteil dieser Methode ist jedoch, dass das Laserlicht einige Mikrometer tief in das Material eindringt und hauptsächlich das Materialvolumen untersucht. Erkenntnisse über die Beschaffenheit der Oberfläche sind daher oft nicht möglich, da deren Raman-Signal im Vergleich zum Materialvolumen sehr schwach und somit kaum messbar ist.
Bild zeigt eine Illustration der Raman-Spektroskopie von Scixel.
Neue Methode nutzt hauchdünne Goldmembran
Ein Forschungsteam der Humboldt-Universität zu Berlin um Sebastian Heeg hat nun in Zusammenarbeit mit Roman Wyss und weiteren Forschenden der ETH Zürich, des Leibniz-Instituts für Kristallzüchtung, und der Le Mans Université ein neues Verfahren entwickelt, das das Raman-Signal von Oberflächen bis zu 1.000x verstärkt und somit messbar macht. Der Schlüssel der neuen Methode ist eine hauchdünne Gold-Membran. Diese Membran ist nur 20 Nanometer dick und weist etwa hundert Nanometer große, längliche Poren auf. Aufgebracht auf die zu untersuchende Oberfläche wirkt die Membran auf zwei verschiedene Arten: Zum einen konzentrieren die Poren in der Membran das Laserlicht auf die darunterliegende Oberfläche und verstärken deren Raman-Signal. Zum anderen hindert die Membran den Laser daran, tiefer in das Material einzudringen und unterdrückt somit das Raman-Signal aus dem Materialinneren. Die Kombination dieser beiden Effekte ermöglicht nun die Untersuchung von Oberflächen mit bisher unbekannter Oberflächenauflösung.
Durch das neue Verfahren wird eine ganze Reihe neuer Anwendungsfälle eröffnet, und zwar mit bestehenden Raman-Apparate ohne Aufrüstung, sagt Heeg. Zum Beispiel nutzt das Leibniz-Institut für Kristallzüchtung das Verfahren, um eine aus Silizium und Germanium-Schichten bestehende Plattform für Quantencomputing zu untersuchen.
Anwendungsgebiete und Entwicklungsmöglichkeiten
Auch die Industrie hat bereits Interesse angemeldet. Die neue Methode könnte beispielsweise das Portfolio von Unternehmen in der Messtechnik erweitern und damit einfachere Oberflächencharakterisierungen zugänglich machen.
Zukünftig könnte das Raman-Signal durch angepasste Goldmembranen noch deutlich verstärkt werden. Es bleibt spannend und wir werden berichten.
Das Wissenschaftsjournal Nature Communications hat das Paper der Forschungsteams veröffentlicht und ist hier zu finden:
Wyss et al. „Bulk-suppressed and surface-sensitive Raman scattering by transferable plasmonic membranes with irregular slot-shaped nanopores”,
Nature Communication 15, 5236 (2024)