Wie wirkt sich Einkommensungleichheit auf die Unterstützung populistischer Parteien aus?

Eine im Jahr 2021 erschienene Studie der Forscher:innen Heike Klüver, Johannes Giesecke und Lukas Stoetzer, die im Humboldt Governance-Lab aufgeführt wird, beschäftigt sich mit der Frage, warum wir in Europa seit über einem Jahrzehnt mit dem rasanten Aufschwung rechtspopulistischer Parteien konfrontiert sind.
Einkommensungleichheit fördert Wahlerfolg populistischer Parteien
Das Forscher:innenteam rund um Prof. Heike Klüver belegt, dass Einkommensungleichheit den Wahlerfolg populistischer Parteien in Europa fördert. So hat die wachsende Einkommensungleichheit in Europa innerhalb der letzten Jahrzehnte erheblich zum Erfolg von Populist:innen beigetragen, die ein antagonistisches Gesellschaftsbild mit den „einfachen Leuten“ auf der einen Seite und der „korrupten Elite“ auf der anderen Seite vertreten und den direkten Willen der Bürger:innen umsetzen möchten.
Aktuelle Beispiele sind die FPÖ in Österreich oder die AfD in Deutschland. Derartige Parteien fallen insbesondere mit ihrer Sündenbock-Rhetorik auf, bei der sie die Elite, namentlich die etablierten Parteien, und im Falle von rechtspopulistischen Parteien vor allem nicht-europäische Migrant:innen und weitere marginalisierte Gruppierungen, wie z.B. Homosexuelle, für gesellschaftliche Problemlagen verantwortlich machen.
Verschärfung gesellschaftlicher Missstände als fruchtbarer Boden für Populist:innen
Die zunehmende Einkommensungleichheit trägt maßgeblich zur Verschärfung gesellschaftlicher Problemlagen bei und schafft damit einen fruchtbaren Boden für populistische Kräfte. Diese reagieren auf die sozialen Spannungen oft mit einfachen, unterkomplexen Lösungsansätzen, wie etwa der Forderung nach Abschiebungen von Migrant:innen, die fälschlicherweise als Verursacher:innen der Missstände dargestellt werden. Auf diese Weise gelingt es ihnen, verunsicherte Bürger:innen oder solche mit rechtsextremen Tendenzen für ihre Parteien zu gewinnen.
Einkommensungleichheit mit diversen Faktoren verknüpft
Darüber hinaus ist Einkommensungleichheit den HU-Forscher:innen zufolge eng mit Faktoren wie Einkommensunsicherheit, einem Mangel an Vertrauen in politische Eliten sowie dem Ausmaß sozialer Integration verknüpft. Diese Elemente erklären jedoch nur teilweise, wie Einkommensungleichheit den Aufstieg (rechts-)populistischer Kräfte begünstigen kann.
Eine detaillierte Untersuchung der bisherigen Studien zeigt, dass der jeweilige Einfluss dieser Faktoren auf den Erfolg von (rechts-)populistischen Bewegungen noch immer nicht eindeutig zu bestimmen ist. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass das Vertrauen der Bürger:innen in politische Eliten einen besonders starken Einfluss auf ihre Neigung hat, populistischen Parteien ihre Unterstützung zu geben.
Zusammenhang zwischen Einkommensungleichheit und Populismus wahrscheinlich nicht nur durch ökonomische Faktoren zu erklären
Dies lässt darauf schließen, dass der Zusammenhang zwischen Einkommensungleichheit und Populismus nicht ausschließlich durch ökonomische Faktoren zu erklären ist. Vielmehr wird in der wissenschaftlichen Literatur zunehmend die Frage aufgeworfen, ob nicht kulturelle Veränderungen, wie ein Wandel in den gesellschaftlichen Werten, eine ebenso große Rolle beim Aufstieg rechtspopulistischer Parteien spielen.
Das Policy Lab Humboldt Governance-Lab der Humboldt-Universität zu Berlin wurde von Wissenschaftler:innen ins Leben gerufen, um der breiten Öffentlichkeit neueste Forschungsergebnisse aus den Politikwissenschaften leicht verständlich zugänglich zu machen und so Brücken zwischen Wissenschaft und Politik sowie Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu schlagen.
Verschiedenste Forschungsprojekte zu aktuellen politischen Phänomenen sind jederzeit auf der Plattform einsehbar und liefern wertvolle Erkenntnisse, die beispielsweise Politiker:innen als Entscheidungshilfe dienen können.
Lesen Sie unser anderes HI:LIGHT „Mit Keilthemen der AfD entgegentreten“ auf unserem Blog: Mit Keilthemen der AfD entgegentreten? – Humboldt-Innovation | Insights