Mit Keilthemen der AfD entgegentreten?
Rechtspopulistische Parteien gewinnen Wähler:innen durch Anti-Immigrationskampagnen. Wissenschaftler:innen des Humboldt-Governance Labs um Prof. Dr. Heike Klüver haben untersucht, ob sogenannte Keilthemen Mainstreamparteien helfen können, diese Wähler:innen zurückzugewinnen.

In den letzten Jahrzehnten haben rechtspopulistische Parteien mit Anti-Immigrationskampagnen weltweit Erfolge erzielt und viele Wähler:innen von etablierten Mainstream-Parteien abgeworben. Diese stehen nun vor der Herausforderung, ihre Anhänger:innen zurückzugewinnen.
Die Forschung bietet bisher zwei gängige Strategien für den Umgang mit rechtspopulistischen Anti-Immigrationskampagnen. Zum einen könnten sich etablierte Parteien anpassen und selbst auf diese Themen setzen. Dies birgt jedoch das Risiko, verbliebene Wähler zu verprellen. Zum anderen könnten sie versuchen, das Thema zu verdrängen und weniger prominent zu machen.
Wissenschaftler:innen um Prof. Dr. Heike Klüver vom Humboldt-Governance Lab haben nun untersucht, ob sogenannte „Keilthemen“ eine neue Strategie für Mainstream-Parteien darstellen könnten. Keilthemen sind Themen, die sowohl einwanderungsfreundliche als auch -kritische Wähler:innen ansprechen und somit die unterschiedlichen Interessen der Wählerschaft berücksichtigen.
Die Forscher:innengruppe testete diese Hypothese mit einem Panelumfragenexperiment während der Bundestagswahlen 2021, wobei der Fokus auf der CDU/CSU lag. Durch hypothetische Wahlplakate wurde die wahrgenommene Themenagenda der Union manipuliert, um die Bedeutung bestimmter Keilthemen zu erhöhen.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Keilthemenstrategien im Durchschnitt nicht effektiv sind. Jedoch deuten Sondierungsanalysen darauf hin, dass einige einwanderungskritische Wähler durch strategisch ausgerichtete Botschaften zurückgewonnen werden könnten.
Die Forschungsgruppe betont, dass Keilthemenstrategien besonders für Mainstream-Parteien geeignet sein könnten, die im Gegensatz zu rechten Parteien ein breites thematisches Spektrum abdecken. Mainstream-Parteien sollten demnach „Risse“ und „Brüche“ in der Wählerschaft der Opposition nutzen und gleichzeitig ihre eigene Basis stärken. Dadurch könnten sie sowohl Anhänger rechter Parteien gewinnen als auch ihre Stammwähler halten.
Allerdings ist für den Erfolg dieser Strategien eine sorgfältige Ausrichtung der Keilthemen entscheidend. „Durch klar formulierte Botschaften gibt es ein Potenzial, Wählerstimmen zurückzugewinnen“, so das Fazit der Forscher.
Die Studie des Humboldt-Governance Labs bietet somit neue Einblicke in die Herausforderungen und Potenziale der Wähler Rückgewinnung für Mainstream-Parteien. Ob Keilthemen tatsächlich eine erfolgversprechende Strategie darstellen, wird sich in Zukunft zeigen.
Hier geht’s zur Studie: Can wedge strategies by mainstream parties cross-cut the anti-immigration far right vote? – ScienceDirect
Das Humboldt-Governance Lab (Humboldt GovLab) ist ein Policy Lab an der Humboldt-Universität zu Berlin, das auf Basis von innovativen wissenschaftlichen Methoden Forschungsergebnisse zur Verfügung stellt und der Öffentlichkeit zugänglich macht.
Webseite unter: hu-govlab.de